Soziale Ängste

Die Soziale Phobie ist eine häufige und schwerwiegende Angsterkrankung, bei der die Betroffenen unter einer ausgeprägten Angst leiden, von anderen Menschen as unzulänglich wahrgenommen zu werden. Die Sozialen Ängste können für die Betroffenen zu deutlichen Problemen in Schule, Ausbildung und Beruf führen. In sozialen Situationen erleben die meisten Betroffenen eine erhebliche Angst vor einer kritischen Bewertung durch andere Menschen oder Angst davor, “im Mittelpunkt zu stehen”.

Menschen mit einer Sozialen Phobie entwickeln häufig eine ausgeprägte Angst davor, im Beisein anderer Menschen bestimmte Dinge zu tun. Dies äußert sich z.B. dadurch, dass die Erkrankten große Ängste davor haben im Beisein anderer Menschen zu essen oder zu trinken, Vorträge zu halten, an der Tafel zu schreiben oder eine Prüfung zu absolvieren.

Dies kann dazu führen, dass die Betroffenen soziale Situationen meiden oder versuchen, sich möglichst “unscheinbar im Hintergrund” zu halten.

Was ist eine Soziale Phobie?

Die Soziale Phobie ist geprägt durch eine übermäßige Angst vor sozialen Situationen wie z.B. dem Essen oder Trinken im Beisein anderer Menschen, dem Ansprechen einer fremden Person oder dem Reden in bzw. vor Gruppen von Menschen. Je nach Ausprägungsgrad der sozialen Phobie können diese Ängste auf wenige Situationen beschränkt sein oder sich auf ein weites Spektrum von Sozialkontakten wie z.B. jegliche Begegnung mit anderen Menschen beziehen.

Soziale Ängste

Die Betroffenen befürchten dabei zumeist, dass sie oder ihr Verhalten in den sozialen Situationen von anderen negativ bewertet werden. Viele Betroffene erleben ihr eigenes Verhalten in sozialen Situationen als “unzureichend”, “peinlich” usw.

Die Betroffenen kennen als Bewertung ihres eigenen Verhaltens häufig vorrangig Gedanken wie “Andere hätten das besser gemacht!” oder “Meine Leistung war nichts Besonderes!”.

Viele Betroffene erleben in der angstbesetzten Situation oder bei dem Gedanken an diese Situation diverse körperliche Symptome wie Schweißausbrüche, Herzrasen, Erröten, Stuhl- oder Harndrang, Zittern oder Kurzatmigkeit. Die Betroffenen entwickeln aus dem Erleben dieser Symptome häufig die Befürchtung, dass ihrem Gegenüber diese Symptome auch auffallen, und dass sie selbst deswegen erst recht unangenehm auffallen. Durch diese - häufig gar nicht zutreffende - Befürchtung können sich die Ängste der Betroffenen noch verstärken, insbesondere wenn die Betroffenen selbstabwertende Gedanken entwickeln wie z.B. “Jetzt fällt allen auf, wie unsicher ich bin...! - ich wusste ja schon immer, dass ich unfähig bin...! usw. usw.”.

Schüchternheit oder Soziale Angst?

Soziale Ängste sind sehr weit verbreitet. Vermutlich jeder Mensch hat sich schon einmal ängstlich oder beschämt gefühlt. Ungewohnte, neue Situationen, wie z.B. eine Prüfung, eine neue Arbeitsstelle oder ein Referat bereiten fast allen Menschen Sorgen und ein komisches Gefühl im Bauch.

Die Unterscheidung zwischen “normaler” Schüchternheit und einer Sozialen Angst im Sinne einer Sozialen Phobie ist häufig nicht einfach.

Ob es sich bei der erlebten Angst um eine Soziale Phobie handelt, die einer psychotherapeutischen Behandlung bedarf, hängt vom Ausmaß der erlebten Beeinträchtigung ab.

Im Gegensatz zu “schüchternen” Menschen fällt bei der Sozialen Phobie die Anspannung nach dem “Überstehen” einer angstbesetzten Situation - wenn überhaupt - auch nur kurz ab, und geht schnell in belastende Bewertungen, wie z.B. “Jetzt habe ich mich ja wieder vollkommen blamiert!”, “Da kann ich nie wieder hingehen!”, “Ich hab’s ja gleich gewusst, dass ich wieder versagen werde!” etc., über.

Menschen mit einer Sozialen Phobie neigen dazu, das Ergebnis einer sozialen Situation als für sich selbst katastrophal zu bewerten - unabhängig davon, wie gut oder schlecht sie von anderen bewertet würden.

Erst wenn die Angst so stark ist, dass sie für die Betroffenen zu deutlichen Problemen in Schule, Ausbildung und Beruf und anderen Lebensbereichen führt, spricht man von einer Sozialen Phobie oder sozialen Angststörung.

Die Soziale Angst ist dabei ein sehr häufiges Phänomen. Es wird geschätzt, dass in Deutschland ungefähr 13% der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens an ausgeprägteren Sozialen Ängsten leiden.

Weiterlesen:
   • Schüchternheit

Welche Symptome treten auf?

Selbstabwertung und Furcht vor negativer Bewertung durch Mitmenschen

Viele Betroffene befürchten, dass sie und ihr Verhalten in bestimmten sozialen Situationen von anderen negativ bewertet werden. Dazu gesellen sich häufig Befürchtungen, in der sozialen Situation aufgrund der Angst “gehemmt” zu sein, “zu versagen”, als “peinlich” oder “blamabel” aufzufallen und/oder nicht die erforderliche Leistung erbringen zu können. Dabei setzen die Betroffenen für ihre eigene Leistung häufig eine sehr hohe “Messlatte” (die sie dann nicht erreichen), während sie die Leistung von anderen viel wohlwollender beurteilen.

Körperliche Symptome

Die meisten Betroffenen erleben in der angstbesetzten Situation oder bei den Gedanken an die Situation auch verschieden körperliche Symptome wie Zittern, Erröten, Herzrasen, Atemnot, Stuhl- oder Harndrang. Wie oben schon beschrieben, befürchten viele Betroffene, dass ihr Gegenüber diese Symptome an ihnen auch wahrnimmt - und dass sie deswegen erst recht negativ bewertet werden.

Sicherheitsverhalten und Vermeidungsverhalten

Da die Angstsymptome sehr unangenehm sein können, entwickeln die Betroffenen häufig ein (meist unbewusstes) Sicherheitsverhalten, mit dem sie versuchen, die Ängste zu mindern. Es gibt verschiedenste Varianten von Sicherheitsverhalten, z.B. den Blickkontakt vermeiden, mit dem Kugelschreiber in der Hand spielen, sich am Rednerpult festhalten, bestimmte Situationen nur zusammen mit Vertrauenspersonen aufzusuchen usw. Auch eine gedankliche Ablenkung mit z.B. Gedanken an Flucht (“Gleich ist es vorbei...”, “Bloß schnell durch...!”) oder Kapitulation (“Jetzt ist sowieso schon alles verloren...”) kann dem Versuch dienen, die eigenen Ängste zu reduzieren.

Bei ausgeprägten Ängsten kann es dazu kommen, dass die Betroffenen ein Vermeidungsverhalten entwickeln und z.B. bestimmte Situationen gar nicht mehr aufsuchen. Das Vermeidungs- und Sicherheitsverhalten kann schnell in einen Teufelskreis führen, in dem die Betroffenen sich immer mehr zurückziehen und ihre eigenen Fähigkeiten immer mehr abwerten.

Wenn die soziale Phobie bereits in einem frühen Lebensalter auftritt kann das Vermeidungs­verhalten dazu führen, dass die Betroffenen wichtige soziale Fertigkeiten nicht lernen können, wodurch sich ihre soziale Unsicherheit weiter verstärken kann.

Risiko des Alkohol- oder Medikamentenmissbrauchs

Bei ausgeprägten sozialen Ängsten besteht die Gefahr, dass die Betroffenen Alkohol oder Medikamente (z.B. Benzodiazepine) einsetzen, um ihre Symptome zu lindern.

Durch den Substanzgebrauch kann sich neben der körperlichen Abhängigkeit auch sehr schnell eine gedankliche Abhängigkeit (“Ohne meine Rescue-Tropfen kann ich das Haus nicht verlassen...!”) entwickeln. Hierdurch wird das Selbstwirksamkeitserleben der Betroffenen weiter vermindert.

Teufelskreis der Sozialen Ängste

Die Angst führt dabei leicht in einen Kreislauf, aus dem sich die Betroffenen nur schwer selbst befreien können. Zu diesem so genannten “Teufelskreis der Sozialen Ängste” möchten wir Ihnen einen Überblick geben:

Der ganze Kreislauf beginnt oftmals mit negativen Erfahrungen in der Kindheit und Jugend. Dies können zum Beispiel belastende Erfahrungen mit anderen Kindern oder auch eine ungenügende Wertschätzung durch die eigenen Eltern sein. Diese Erfahrungen führen dazu, dass sich bei dem Kind/Jugendlichen ein sehr negatives Selbstbild entwickelt und eine große Angst vor erneuter Kritik oder Ablehnung entsteht.

Diese Angst führt dazu, dass die Betroffenen mit einer sehr großen Vorsicht und hoher Anspannung in soziale Situationen gehen. Viele Betroffene kennen dabei ausgeprägte selbstabwertende Gedanken und einen hohen inneren Druck, bloß keine Fehler zu machen und nicht negativ aufzufallen.

Die Angst hat aber noch eine weitere Konsequenz: Die Betroffenen richten in der sozialen Situation - und zum Teil auch schon längere Zeit davor - ihre Aufmerksamkeit sehr stark auf sich selbst und die möglichen “Mängel” und “Kritikpunkte”, welche die anderen eventuell finden könnten.

Hieraus entsteht zumeist eine deutliche Veränderung in der Selbstwahrnehmung: Die Aufmerksamkeit geht nur auf die eigenen Schwächen, während alle eigenen Stärken und Ressourcen nicht mehr wahrgenommen oder von den Betroffene selbst abgewertet werden (“Ich bin nichts besonderes, die anderen sind alle viel besser-schlauer-aufgeschlossener-kompetenter-zufriedener-... als ich...!!”)

Eine ganz menschliche Konsequenz ist, dass die Betroffenen anfangen, soziale Situationen bewusst oder unbewusst zu vermeiden. Diese Vermeidung führt kurzfristig erst einmal zu einer “Erleichterung”, da man sich den anderen nicht stellen muss, und damit zu einem Abfall der Anspannung. Diese Erleichterung hält oftmals aber nur kurz an - stattdessen melden sich bald erneute Selbstabwertungen, dass man “schon wieder etwas nicht geschafft” hat, dass man wieder ““unnormal” und “schlechter als die anderen” war, und so weiter...

Langfristig führt diese Vermeidung der sozialen Situationen also eher zu einem zunehmenden Selbstwertverlust sowie zu einer Zunahme von Angst und Anspannung.

Vermeidung von sozialen Situationen

Menschen, die unter einer sozialen Phobie leiden, haben zumeist eine sehr übersteigerte Angst, negativ aufzufallen oder sich zu blamieren. Diese Angst ist oft so stark ausgeprägt, dass immer mehr soziale Situationen vermieden werden.

Obwohl die meisten Menschen mit sozialen Ängsten unter diesen langfristigen Konsequenzen erheblich leiden und sie sich selbst oft sehr wohl bewusst sind, dass das Vermeiden der sozialen Situationen ihre Ängste nicht lösen kann, sind sie doch durch das kurze Absinken der massiven Anspannung zu Beginn der Vermeidung in diesem Teufelskreis gefangen.

Dies ist dabei ein vollkommen menschliches, natürliches Verhalten, denn so gut wie alle Lebewesen versuchen, aus Situationen mit massiver Anspannung möglichst schnell wieder heraus zu kommen. Dabei “sucht” sich der Körper aber zumeist die “naheliegende”, kurzfristige Lösung, selbst wenn diese langfristig vielleicht eher schädlich ist.

“Gute Ratschläge...”

Alle “gut gemeinten Ratschläge” der Mitmenschen wie “Jetzt geh doch einfach mal da hin, dir passiert schon nichts...” bewirken in dieser Situation leider genau das Gegenteil: Die Betroffenen erleben sich zunehmend bedrängt und erneut darin bestätigt, dass sie selbst etwas nicht können, was für andere Menschen doch anscheinend eine Selbstverständlichkeit ist. Als Konsequenz sinkt ihr Selbstbewusstsein weiter und die Selbstabwertungen nehmen weiter zu.

Verlust an Lebensqualität

Durch den sozialen Rückzug erleben viele Menschen mit sozialen Phobien einen erheblichen Verlust an Lebensqualität. Da sich die sozialen Ängste auf alle Lebensbereiche ausweiten können, kann es passieren, dass die Erkrankten unter einer zunehmenden Isolation, unter Problemen in Schule und Beruf, bis hin zu Einschränkungen in allen sozialen Bereichen leiden.

Dies kann soweit führen, dass sich manche Erkrankte nicht mehr zum Einkaufen trauen, nicht mehr telefonieren können, und auch bzw. gerade wichtige Unternehmungen, wie z.B. der Besuch von Ämtern oder Ärzten für sie unmöglich wird.

Dies kann schwerwiegende Konsequenzen haben: Viele Erkrankten “trauen” sich nicht, über ihre Erkrankung zu reden. Es fällt ihnen deswegen zum Beispiel auch sehr schwer, zu ihrem Hausarzt zu gehen und noch dazu beim Arzt über ihre Ängste und Befürchtungen zu reden. Deswegen kommt es leider sehr häufig vor, dass die Betroffenen die Arztbesuche meiden und notwendige Hilfe nicht einfordern.

Ängste in der Schule

Schulangst

Bei sehr vielen Erkrankten haben die sozialen Ängste bereits im Kindes- und Jugendalter begonnen. Dies kann zu großen Problemen in Schule und Ausbildung führen.

Die Betroffenen trauen sich oftmals aufgrund ihrer Ängste nicht, sich in den Unterricht einzubringen - nicht etwa, weil sie die Antwort nicht wüssten, sondern aus der Befürchtung heraus, etwas Falsches sagen zu können oder aufzufallen.

Häufig sind negative Erfahrungen ein Auslöser für die Angst. Im Hintergrund der Schulangst steht oftmals die Angst zu Versagen oder “als unzulänglich” aufzufallen.

Falls die Lehrerin / der Lehrer nicht bemerkt, unter welchem enormen Druck die Betroffenen stehen, und unter welchen Ängsten sie leiden, kann es schnell vorkommen, dass die Erkrankten schlechte Noten erhalten und unter missbilligenden Kommentaren ihrer Mitschüler leiden. Dadurch kann sich ihr negatives Selbstbild leider bereits in Kindheit und Jugend immer weiter verstärken.

Erytrophobie

Die Angst vor dem Erröten, die so genannte Erytrophobie, ist ein häufiges Phänomen, dass im Rahmen der Sozialen Ängste auftreten kann.

Wie unterscheidet man Schüchternheit und Soziale Phobie?

Wie oben bereits erwähnt, sind die Grenzen zwischen extremer Schüchternheit und sozialer Phobie fließend. Wie schüchterne Menschen fühlen sich auch Betroffene mit sozialer Phobie in sozialen Kontakten gehemmt, erleben im Kontakt mit anderen Menschen körperliche Symptome wie Erröten, Zittern und Schwitzen und neigen dazu soziale Kontakte zu vermeiden, jedoch ist diese Symptomatik bei Menschen mit sozialer Phobie sehr viel stärker ausgeprägt.

Gibt es einen Test für Soziale Ängste?

Anhand bestimmter Merkmale können Sie vergleichen, ob Ihre Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen mit den Kriterien der “Sozialen Phobie” übereinstimmen.

Weiterlesen:
   • Soziale Phobie: Diagnosekriterien

Wie werden Soziale Ängste behandelt?

Es gibt verschiedene Therapieansätze zur Behandlung Sozialer Ängste. Ein wirksames Therapieverfahren zur Behandlung der Sozialen Phobie ist die Kognitive Verhaltenstherapie. Im Rahmen der Verhaltenstherapie wird dabei oftmals ein so genanntes Expositionstraining durchgeführt.

Weiterlesen:
   • Wie werden Soziale Ängste behandelt?
   • Wie geht ein Expositionstraining bei Sozialen Ängsten?

Beratungssstellen in Rosenheim, Traunstein, Miesbach, Wasserburg, München und Salzburg

Adressen für Beratungsstellen für Menschen mit seelischen Erkrankungen wie Depressionen, Ängsten etc., sowie Adressen für Familienberatung, Sozialberatung usw. in den Landkreisen Rosenheim, Traunstein, Miesbach sowie in den benachbarten Regionen finden sie im Kapitel Beratungsstellen:

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