Expositionstherapie

Als Expositionstherapie, auch Expositionstraining oder Konfrontationstherapie genannt, bezeichnet man eine verhaltenstherapeutische Behandlungsmethode, die insbesondere in der Therapie der Angststörungen, wie z.B. der Agoraphobie mit und ohne Panikstörung, der Spezifischen Phobien, der Sozialen Phobie, und der Therapie der Zwangsstörungen eingesetzt wird.

Aktuell wird darüber hinaus untersucht, ob die Expositionstherapie auch bei anderen Erkrankungen, die mit einem hohen Ausmaß an Ängsten einhergehen, wie z.B. bei bestimmten Schmerzerkrankungen, erfolgreich eingesetzt werden kann.

Die Expositionstherapie wird dabei in mehreren Schritten durchgeführt. Zunächst erfolgt eine Vorbereitungsphase, in der die Therapeuten mit den Patientinnen bzw. Patienten die Durchführung der Expositionen und die einzelnen Übungsschritte vorbereiten. Daran schliesst sich die eigentliche Übungsphase an, in der zumeist nach einem gestuften Schema regelmäßige Konfrontationsübungen durchgeführt werden. Nach der Übungsphase folgt noch eine längere Phase der Festigung und Erfolgskontrolle, um die erreichten Ziele auch im Alltag ausreichend zu verankern.

Vorbereitungsphase

Bei der Expositionstherapie erarbeiten die Patienten zunächst in einer ausführlichen Vorbereitungsphase zusammen mit ihren Therapeuten, welche Situationen ihre Ängste bzw. Zwänge auslösen und welches Vermeidungsverhalten die Betroffenen eventuell einsetzen. Die auslösenden Situationen werden dann wie bei der Systematischen Desensibilisierung auf einer Skala entsprechend ihres Schweregrades hierarchisiert, der so genannten Angsthierarchie bzw. Zwangshierarchie.

Bei der Einstufung des Schweregrades ist es sehr wichtig, die Angst- bzw. Zwangshierarchie und die Übungsziele nicht ausschließlich nach den situativen Bedingungen (Fahrstuhl, Turm, Gondelbahn usw.) auszurichten, sondern vielmehr nach der beim Übenden in der jeweiligen Situation auftretenden aversiven emotionalen Reaktion (Hilflosigkeit, Ohnmachtsgefühl, Ausgeliefertsein, Kontrollverlust etc.) und den begleitenden dysfunktionalen Kognitionen.

Dazu ein Beispiel: Ein Patient mit Klaustrophobie hat z.B. Angst beim Aufzugfahren. Primär wäre also davon auszugehen, dass das Fahrstuhlfahren exponiert werden soll. Bei der genaueren Exploration zeigt sich dann aber, dass sich die Angst des Patienten nur zu einem kleinen Teil darauf bezieht, dass der Aufzug stecken bleiben oder “abstürzen” könnte - sondern vielmehr auf die übergroße Sorge, in einem stecken­gebliebenen Aufzug die Kontrolle über sich selbst zu verlieren (“Wenn der Fahrstuhl stecken bleibt, könnte ich eine Panikattacke bekommen... Dann bekomme ich Atemnot... Die wird immer stärker, ohne dass ich es stoppen kann... Keiner kann mir helfen... usw.”). In diesem Beispiel wäre das Üben mit dem Aufzug letzendlich nur ein Mittel zu Zweck, damit der Patient sich mit seinen Ängsten vor Kontrollverlust und Ausgeliefertsein konfrontieren kann.

Dieser Unterschied sollte auch mit den Patientinnen und Patienten im Vorfeld der Übungen ausführlich bearbeitet werden, damit ihnen deutlich wird, dass es in der Exposition nicht darum geht, “den Aufzug auszuhalten”, sondern vielmehr die damit verbundenen aversiven Emotionen und dysfunktionalen Kognitionen aktiv zu exponieren.

Die Betonung liegt dabei auf “aktiv”, denn sowohl bei Ängsten wie insbesondere auch bei Zwangsstörungen entsteht bei den Übenden oftmals die Tendenz, die Übungen “aushalten” zu wollen. Dies ist aber nicht das Ziel der Exposition, denn dadurch entsteht schnell eine (teilweise) Vermeidung der oben genannten emotionalen und kognitiven Reaktion.

Parallel können in der Vorbereitungsphase Übungen wie z.B. die Hyperventilation durchgeführt werden. Am Ende der Vorbereitungsphase erfolgt eine genaue Zielanalyse, bei der die erwünschten Therapieziele (möglichst schriftlich und so konkret wie möglich) festgelegt werden.

Durchführung der Expositionen

Expositionstherapie bei Höhenangst

Das Ziel der Expositionstherapie ist, dass die Patienten erfahren, dass ihre Anspannung bei der Konfrontation mit der angstbesetzten Situation nicht unendlich ansteigt, sondern dass es sich bei der Anspannung um eine physiologisch erschöpfbare Reaktion handelt, die im Übungsverlauf wieder nachlässt, ohne dass die angstbesetzte Situation dazu verlassen werden muss.

Durch die wiederholten Expositionen gegenüber der angstauslösenden Situation kommt es zu einer Habituation, so dass die Anspannung bzw. die Ängste im Verlauf immer weiter nachlassen können.

Weiterlesen: Expositionstraining - Informationen für Patienten

Für die eigentlichen Expositionen gibt es zwei unterschiedliche Vorgehensweisen, das graduierte Vorgehen und das so genannte Flooding.

Graduierte Exposition

Beim graduierten Vorgehen, auch Graduierte Exposition genannt, werden die Expositionsübungen mit einer Situation, die in der Angsthierarchie als mittelschwer eingetuft wurde, begonnen.

Zunächst erarbeiten die Therapeuten mit den Patienten gemeinsam, wie oben bereits erwähnt, anhand der Angsthierarchie, welche Ängste in welcher Ausprägung auftreten.

Expositionstherapie

Danach vereinbaren Patient und Therapeut konkret, welche Übungen durchgeführt werden sollen und wie der Ablauf der Übungen sein soll.

Dieses gemeinsame festlegen des Übungsablaufs und der Übungsziele ist wichtig, damit der Patient durch die Übung eine Steigerung seiner Selbstwirksamkeit erleben kann.

Nach erfolgreicher Exposition wird dann gemeinsam mit den Patienten erarbeitet, wie der Schwierigkeitsgrad der Übungen langsam gesteigert werden kann, so dass im weiteren Verlauf Übungen mit stärkerer Angstbesetzung durchgeführt werden können.

Das Ziel der Graduierten Exposition ist schließlich, dass der Patient wieder eigenständig - ohne Begleitung durch Therapeuten und ohne andere Hilfsmittel wie Medikamente o.ä. - die früher angstbesetzten Situationen aufsuchen kann, und dass er die dabei anfänglich auftretenden Gefühle der Anspannung sowie eventuelle begleitende vegetative Symptome so gut eigenständig bewältigen kann, dass sich hieraus keine ausgeprägteren Ängste bzw. Panikattacken mehr entwickeln können.

Flooding

Eine andere Möglichkeit der Expositionstherapie ist das sogenannte Flooding. Hierbei begibt sich der Patient während der Übung gleich in die maximal angstbesetzte Situation.

Spinnenangst

Dieses Verfahren wird jedoch in der Praxis eher selten eingesetzt - zum Beispiel in der Behandlung von isolierten spezifischen Phobien wie der Angst vor Spinnen oder der Angst vor Hunden - während bei komplexeren Angststörungen zumeist die Graduierte Exposition bevorzugt wird.

Der Übungsablauf ähnelt beim Flooding den anderen Verfahren der Konfrontationstherapie.

Auch beim Flooding erarbeiten Patient und Therapeut zunächst gemeinsam, welche Übungen durchgeführt werden sollen, und vereinbaren dann zusammen ein konkretes Übungsprogramm. Bei Ängsten vor Hunden kann dies zum Beispiel die gezielte Übung mit einem “echten” Hund sein.

Der Vorteil des Flooding ist, dass die Betroffenen relativ schnell eine deutliche Verbesserung ihrer Angst erreichen können. Bei der Übung mit einem Hund zum Beispiel, erfahren viele Betroffene bereits nach dem ersten intensiveren Kontakt mit dem Tier eine deutliche Reduktion ihrer Anspannung. Die Einschränkung des Flooding liegt jedoch, wie bereits oben erwähnt, darin, dass es zumeist nur bei isolierten Ängsten oder Zwänge eingesetzt werden kann.

Exposition in sensu / in vivo

In der Durchführung der Expositionen unterscheidet man zwischen Expositionen in sensu, bei denen sich die Patienten ausschließlich gedanklich in die angstbesetzten Situationen begeben, und Expositionen in vivo, bei denen die Patienten in der realen Situation bzw. am realen Objekt üben.

Exposition mit Reaktionsmanagement

Expositionstherapie bei Klaustrophobie

In der einzelnen Exposition wird versucht, trotz des Auftretens der aversiven Körper­reaktionen und Gefühle so lange in der angstbesetzten Situation zu bleiben, bis die Anspannung und Angst deutlich absinken.

Das Ziel der Expositionen ist, ohne Vermeidungsverhalten in der angstbesetzte Situation bleiben zu können. Diese Vorgehen mit Unterlassen des Vermeidungsverhaltens wurde früher Exposition mit Reaktionsverhinderung genannt.

Da während der Exposition nicht alle Reaktionen verhindert werden, sondern nur das Vermeidungsverhalten, spricht man heute diesbezüglich eher von einer Exposition mit Reaktionsmanagement, denn die physiologischen und emotionalen Reaktionen auf die Exposition werden nicht verhindert sondern gefördert und/oder induziert (vgl. Hand 1993).

Eigenständiges Durchführen der Expositionen

Nachdem die Expositionen zunächst je nach Schweregrad der Erkrankung mit Unterstützung durch die jeweiligen Psychotherapeutinnen bzw. Psychotherapeuten durchgeführt werden, erlernen die Patienten im weiteren Therapieverlauf, wie sie die Expositionen auch eigenständig ohne Begleitung des Therapeuten wirksam durchführen können. Hierdurch können die Patienten ihre Selbstwirksamkeit wieder erheblich verbessern und ihr Selbstwertgefühl wesentlich steigern.

Expositionen als Gruppentherapie

Expositionstherapie bei Agoraphobie

Die Expositionen können als Einzeltherapie durchgeführt werden.

Häufig ist es aber sinnvoll, zumindest ergänzend auch Expositionen als Gruppentherapie einzuplanen, da die Betroffenen durch den Kontakt zu anderen Betroffenen einen erheblichen Motivationsschub und ein stärkendes “Wir”-Gefühl erfahren können.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zur Durchführung der Expositionstherapie finden Sie im Kapitel Expositionstraining.

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